Ausnahmezustand im Reitstall: Rechtsinformation zum Thema Corona als Grundlage für rasche und einvernehmlich zu erzielende Lösungen

Unsere NOEPS Rechtsexpertin Dr. Nina Ollinger hat sich aufgrund der aktuellen Lage mit dem Thema befasst, ob und in welcher Form bzw. welchem Umfang Pferde auch während der Ausgangsbeschränkungen versorgt und bewegt werden können:
Am 15.3.2020 hat der Nationalrat im Eiltempo das COVID-19-Maßnahmengesetz erlassen. Noch am Abend desselben Tages hat das Sozialministerium von den Verordnungsermächtigungen Gebrauch gemacht. In der Verordnung des Sozialministeriums betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 liest sich Folgendes:

„Das Betreten des Kundenbereiches von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbes von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist untersagt.“

Damit ist Rechtsunsicherheit gegeben, was in Bezug auf Einstellbetriebe gilt. Zu den Ausnahmen zählt der Reitstall als solcher nicht. Die Wirtschaftskammer hat diesbezüglich die Information verbreitet, dass Reitställe hinsichtlich Tiergesundheit und Pflege offen gehalten werden dürfen, der Reitbetrieb selbst geschlossen ist.

Damit ist grundsätzlich klargestellt, dass genauso wie das Schließen von Fitnesscentern, das Schließen von Reitschulen notwendig ist. Doch wie sieht es mit dem Einstellbetrieb aus?

Der Einsteller besucht einen Reitstall nicht zum Zweck der Inanspruchnahme einer Dienstleistung, sondern um sein Pferd zu versorgen und zu reiten. Zudem hat der OGH ausgesprochen, dass der Einstellvertrag miet-, verwahrungs- und obsorgerechtliche Elemente enthält und damit die Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Erwerb von Waren nicht im Vordergrund steht.

Es ist somit sehr wohl argumentierbar, dass aus Sicht der Tiergesundheit und Pflege ein Einsteller sehr wohl sein Pferd persönlich besuchen, pflegen und bewegen kann, insbesondere im Hochleistungssport wird das argumentierbar sein. Auch aus tierschutzrechtlichen Gründen wird man entsprechend argumentieren können, dass das Pferd weiterhin in der Art und Weise versorgt und gepflegt wird, wie es das von seinen Eigentümern gewohnt ist.

Weiters zu beachten ist die weitere Verordnung des Sozialministeriums zum COVID‑19‑Maßnahmengesetz, welches das Betreten öffentlicher Orte verbietet, wobei Reitställe nicht als öffentlicher Ort anzusehen sind. Doch selbst bei öffentlichen Orten gilt, dass diese im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren aufgesucht werden dürfen, wobei diesbezüglich gegenüber anderen Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten ist.

Zu beachten ist jedoch: Der Einstellbetrieb wird wohl berechtigt sein, Einsteller zu deren Pferden zu lassen, er ist aber nicht verpflichtet, seinen Einstellbetrieb generell aufrecht zu erhalten.

Es ist höchst empfehlenswert, Einvernehmen zwischen Einstellbetrieb und Einstellern herbeizuführen, wie mit dieser Situation umgegangen werden kann. Jegliche rechtliche Auslegung und Streitigkeit könnte erst entschieden werden, wenn die Zeit der Krise längst vorüber ist. Wir hoffen, dass die Kurzinformation der derzeitigen rechtlichen Lage als Grundlage herangezogen werden kann, um bestmöglich gemeinsam einen Weg durch diese Krise, möglichst mit wenig Chaos, zu finden.

Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes
Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19

Quelle: Dr. Nina Ollinger

Hier finden Sie die Rechtsinformation von Dr. Nina Ollinger zum Download. 

Wir haben hier als kleine Hilfestellung für Reitställe einige Möglichkeiten zusammengefasst, wie sich auch in diesen schweren Zeiten, die geordnete Betreuung von Einstellpferden unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen und mit Rücksicht auf unsere Mitmenschen sicher stellen lässt:

Es sollten in Einstellbetrieben nicht mehr als 5 Besucher anwesend sein.

Jeder Pferdebesitzer/ Verantwortlicher sollte in Einstellbetrieben nicht mehr als eine Stunde täglich  pro Pferd zur Versorgung, Bewegung und Verabreichung von Medikamenten verbringen.

Den Stallbesitzern wird empfohlen, eine Planung der Besuchszeiten bei den Pferden vorzunehmen (Doodle, Google Kalender, etc..).

Auf vermehrte Hygiene sollte geachtet werden, eventuell einfach Handschuhe tragen während des Aufanthaltes im Stall (Türschnallen, Sanitäranlagen, etc…)

In geschlossenen Räumen (Sattelkammer) sollte sich nie mehr als eine Person aufhalten.

In einigen Ställen findet zum Beispiel das Putzen und Satteln nur mehr in der Box statt oder die Pferde werden direkt von der Koppel geholt und danach nur im Freien bewegt. Einige Betriebe haben beispielsweise auch Ihre Reiterstüberln und Hallen für die Benützung gesperrt.

Sollten Sie in Ihrem Betrieb bereits ein “funktionierendes Notfallsystem” der Betreuung mit Ihren Einstellern installiert haben, senden Sie uns gerne ein Nachricht. Wir möchten unseren Vereinen helfen, in dieser herausfordernden Zeit, mit Umsicht zu handeln, damit sowohl Menschen als auch Pferde die nächsten Monate heil überstehen.