Der Sitz ist der Schlüssel zu einer korrekten Einwirkung

Auf Initiative des Reitkultur-Vereins Weiß-Blau-Gold, der heuer sein 20-jähriges Jubiläum feiert, hat der Wiener Rennverein unter Präsident Ulrich Schulenburg am 27. Feber 2020 zum Vortrag vom Reitmeister und ehemaligem Ersten Oberbereiter der Spanischen Hofreitschule Arthur Kottas-Heldenberg zum Thema „Die Reitkunst ist das Alpha und das Omega des Pferdesports“ in seine Clubräumlichkeiten am Wiener Josefsplatz geladen.

Die Gäste konnten bei einem erlesenen, mehrgängigen Abendessen, begleitet vom Biowein des Reitkultur-Vereins Weiß-Blau-Gold “Sanctus Severinus”, den Ausführungen von Arthur Kottas-Heldenberg folgen, der die zahlreichen Fragen ausführlich beantwortete. Die Veranstaltung fand im Vorfeld derartig großen Zuspruch, dass aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nur einem Teil der Interessenten dieses Erlebnis ermöglicht werden konnte.

Der Reitkultur-Verein-Weiß-Blau-Gold, der als erster Pferdesportverein Niederösterreichs,  Pferdekultur und Pferdesport vereint und der Wiener Rennverein, der seit seiner Gründung im Jahre 1932 die traditionellen und kulturellen Beziehungen zum Pferdesport pflegt, arbeiten regelmäßig zusammen, um die Themen Kultur und Pferd zu verbinden und verbreiten.

Fragen an Reitmeister Arthur Kottas-Heldenberg, Erster Oberbereiter der Spanischen Hofreitschule a. D. :

Frage 1: Warum ist die Reitkunst das Alpha und das Omega des Pferdesports?
Um zu verstehen was die klassische Reitkunst im modernen Dressursport bedeutet, muss man in die Vergangenheit zurück blicken. Etwa 400 v. Chr. schrieb ein Kavallerieoffizier aus Athen namens Xenophon die erste überlieferte Lehre vom Reiten. Diesen klugen Text haben spätere Meister der Reitkunst  der Renaissance,  der Barockzeit bis hin zur Klassik und ihre Gedanken zu Papier gebracht.
Diese Grundsätze und Regeln werden auch heute noch an der Spanischen Hofreitschule in Wien und an anderen Akademien befolgt und eingehalten. Sie betonen einhellig, dass die Arbeit mit Pferden wertlos ist, wenn sie nicht mit Bedacht und ausgeprägter Rücksichtnahme auf die Anatomie, Physiologie und Psychologie des Pferdes ausgeführt wird.

Es steht fest, dass die Fähigkeiten des Pferdes und seine Entwicklung  -genauso wie unsere – abhängig sind und gesteuert werden von den Gesetzen, die die Natur für Gewicht, Gleichgewicht und körperliche Entwicklung festgelegt hat. Jede Art von Reiten, bei der versucht wird, diese Grenzen zu überschreiten, ist irregeleitet und schädlich.

Wenn wir dem Pferd mit genügend Respekt begegnen, seine Schönheit und Freiheit ohne zuviel Zwang  in die Ausbildung einbeziehen,  egal in welcher Ausbildungsstufe oder Alter das Pferd sich befindet, dann wird das Pferd immer mit uns arbeiten und uns vertrauen.

Diese Partnerschaft sollte letzten Endes so leicht, natürlich, zwanglos und schön wirken, als würde das Pferd aus seinem alleinigen, freien Willen arbeiten. Sie sollte harmonisch wirken. Schönheit, Harmonie und Qualität sind in meinen Augen die Wesensmerkmale des klassischen Reiters.


Frage 2: Welche Bedeutung kommt der Harmonie zwischen Reiter und Pferd zu?
Harmonie bedeutet für  mich, mit dem Pferd in Einklang zu sein, mit meinem Pferd eine Einheit zu bilden. Wie schon in der 1. Frage beantwortet, wenn etwas leicht und harmonisch aussieht, ist es gekonnt und schön.

Frage 3: Was ist der Unterschied auf dem Pferd sitzen oder im Pferd?
Ein Reiter soll in der Bewegung  sein Pferd fühlen. Wenn ich meine Augen schließe, sollte ich fühlen, welches Beinpaar nach vorne tritt, so dass ich auch im richtigen Moment die Schenkelhilfe geben und über den Sitz einwirken kann. Sitz, Gewicht, Schenkel und Handeinwirkung sollen immer koordiniert zusammen spielen.

Frage 4: Inwiefern ist das Reiten an der Longe von Bedeutung? Nur Basis für den Anfänger oder auch für fortgeschrittene Reiter?
Für jeden Reiter, der sein Gleichgewicht und seinen Sitz verbessern will, ist die Longearbeit nur von Vorteil. Der Sitz ist der Schlüssel zu einer korrekten Einwirkung und  Sicherheit. Ein Reiter soll unabhängig von der Hand, das Gleichgewicht und die Balance halten können!

Arthur Kottas-Heldenberg wünschte am Ende seines Vortrages allen Pferdefreunden viel Erfolg und Freude mit dem Partner Pferd und schloss den Abend mit den bewegenden Worten: “Nicht vergessen: Ein Pferd ohne Reiter ist immer ein Pferd. Ein Reiter ohne Pferd ist nur ein Mensch.”


Stimmen zur Veranstaltung: 

Botschafter Gregor Woschnagg (war unter anderem als österreichischer Spitzendiplomat maßgeblich an den Beitrittsverhandlungen Österreichs zur EU beteiligt):
Im Rahmen einer ausgebuchten Veranstaltung schilderte der weltweit gefragte Dressurausbildner Arthur Kottas-Heldenberg im Wiener Rennverein seine umfassende Ausbildung in der Spanischen Hofreitschule. Um den angestrebten „tiefen Sitz“ zu erreichen, müssen die Eleven zuerst über mehrere Jahre – und auch später immer wieder – longiert werden. Arthur Kottas-Heldenberg  wurde auf Grund seiner Begabungen und seines Pferdeverständnisses zum jüngsten Oberbereiter in der Geschichte der Spanischen Hofreitschule befördert. Er war als Erster Oberbereiter bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2002 für die „Reitbahn“ zuständig und dadurch auch für die Ausbildung der Eleven, Bereiter und Oberbereiter verantwortlich. Seine profunde Ausbildung und sein großer Respekt für die Begabungen der Lipizzaner  haben wesentlich zum hohen internationalen Standard und zum internationalen Ansehen der Spanischen Hofreitschule beigetragen.


Rechtsanwältin Nina Ollinger (Recht und Pferd im NÖ Pferdesportverband) an Präsidenten Otto Kurt Knoll (Reitkultur-Verein Weiß-Blau-Gold):
Wir wollten uns ganz herzlich bei dir für den tollen Abend im Rennverein bedanken. Deine Veranstaltungen sind immer von ganz spezieller hoher Qualität! Die Ausführungen von Reitmeister Kottas-Heldenberg haben uns sehr berührt und das Ambiente ist ohnehin unübertroffen. Danke, dass wir Dank dir so tolle Erlebnisse haben dürfen!